Aufnahme Song für Pirmasens mit großem Publikum

Waldfriedhof: Rundweg lässt Ort der Würde und Natur spürbar werden

Die Bestattungskultur erfährt derzeit einen großen Umbruch. So ist sie heute mehr denn je vom Faktor „Individualität“ gekennzeichnet. Für die letzte Ruhestätte gibt es alleine auf dem Pirmasenser Waldfriedhof aktuell 14 unterschiedliche Bestattungsarten. Während die klassischen Erdbestattungen weiter rückläufig sind (15 Prozent), nimmt die Zahl der Urnenbestattungen (85 Prozent) weiter zu.

 

Vor diesem Hintergrund hatte die Stadtverwaltung eine Gesamtstrategie zur Zukunft des Waldfriedhofs erarbeitet, die im April 2021 von den politischen Gremien einstimmig beschlossen wurde. Das umfassende Konzept sieht unter anderem die Schaffung zusätzlicher Bestattungsangebote vor, um dem veränderten Nachfrageverhalten Rechnung zu tragen und Abwanderungstendenzen zu privatwirtschaftlichen Anbietern abzumildern.

 

Mit einer sogenannten Ruhegemeinschaft auf dem Waldfriedhof bietet die Stadt Pirmasens seit Juni 2022 eine Alternative zur anonymen Beisetzung an. Die Pflege wird treuhänderisch von einer qualifizierten Friedhofsgärtnerei für den Zeitraum von 15 Jahren sichergestellt.

 

In einem nächsten Schritt könnten auf den sieben Vorort-Friedhöfen Grabsäulen mit übereinander angeordneten Urnenkammern etabliert werden. Damit reagieren die Verantwortlichen auf die steigende Nachfrage von Angehörigen, die Bestattungsangebote präferieren, die keiner Pflege bedürfen.

 

 

Der Waldfriedhof ist mit einer Fläche von mehr als 411 000 Quadratmetern, das entspricht umgerechnet 58 Fußballfeldern, die größte kommunale Grünanlage. Ab 1919 im damaligen Stadtwald angelegt, ist das weitläufige Areal stark von der typischen Pirmasenser Topographie geprägt. Der als Zonendenkmal eingestufte Waldfriedhof ist ein Ort der Würde, Kultur und Natur, der auch zahlreiche Spaziergänger anlockt. Um den Besuchern ein Stück weit mehr Orientierung zu geben, wurde ein 2,7 Kilometer langer Rundweg ausgeschildert. Er beginnt an der Aussegnungshalle und führt über das Haseneck zum Hochplateau zurück zum Ausgangspunkt. Unterwegs informieren Tafeln über Besonderheiten wie die Kriegsgräber der bei zwei Fliegerangriffen im Zweiten Weltkrieg getöteten Zivilisten, dem Denkmal des Faschismus oder dem Naturdenkmal Butterfelsen. Mit seiner über 100-jährigen Geschichte ist der Waldfriedhof immer auch ein Spiegelbild unser Stadtgesellschaft. Zahlreiche einflussreiche Persönlichkeiten haben hier ihre letzte Ruhe gefunden – zum Teil in monumentalen und handwerklich aufwändig gestalteten Grabanlagen. Auf 20 Hinweisschildern können sich Interessierte über die Verstorbenen und deren Werdegang mit Bezug zur Entwicklung der Siebenhügelstadt informieren, etwa über die Dynastien Rheinberger, Semler, Seitz und Kömmerling.

 

Bestandteil des Rundweges ist der ebenfalls neu angelegte Trauerpfad. Damit möchte die Stadt Pirmasens den Hinterbliebenen eine kleine Hilfestellung in schweren Zeiten anbieten. Der Weg soll dazu beitragen, den Tod vom Rande der Gesellschaft in die Mitte des Lebens zu holen. Er soll auch nicht Betroffenen die Möglichkeit geben, sich mit den Themen Sterben, Tod, Trauer und Danach auseinanderzusetzen Zudem soll es auch ein Versuch sein, dass der Waldfriedhof nicht mehr nur als reiner Bestattungsort wahrgenommen wird. Die naturnahe Anlage ist ein Ort für die Lebenden, ein Ort des „Überlebens“ für die Hinterbliebenen, ein tröstender Lebensraum, in dem die persönliche Trauer ihren eigenen Weg gehen kann.

 

Vier Stationen regen zum Innehalten, Nachdenken, Erkennen, Aufatmen und Loslassen an. Der Weg führt zunächst durch ein Tor in die „Trauerwelt“. Eine erstarrte Schaukel lädt zum Sitzen ein und steht als Sinnbild für den Stillstand. Über eine kleine Brücke gelangt der Besucher in die „Hoffnungswelt“ mit einem lebendigen Garten. Entlang des Pfades sind sieben Stehlen mit philosophischen Texten entstanden, die zur inneren Auseinandersetzung anregen sollen. Diese wurden von der Kunst-AG des Immanuel-Kant-Gymnasiums gestaltet. Eine entsprechende Bepflanzung bietet dem Pfad und seinen Gästen einen geschützten Rahmen für die Auseinandersetzung mit der Thematik. Der Weg mündet in einen sich öffnenden Platz an einem Brunnen. Sitzbänke sollen den Austausch von persönlichen Erfahrungen mit dem Tod, und den damit verknüpften Gedanken und Gefühlen fördern. Die Anregungen zu dieser ganz besonderen Form der individuellen Trauerarbeit kam aus dem Kreis der Mitglieder im Ausschuss für Landwirtschaft, Grünflächen und Friedhofswesen.