Zentrale Gedenkstätte am Bahnhofsvorplatz nach dem Entwurf des Künstlers Clas Steinmann, 2014 

Bahnhofstraße 22-26

Dezentrale Gedenkorte

Bahnhofstraße 22-26 (Amtsgericht):
Sachtafel zur „Polenaktion“: Zwangsausweisung polnischer Juden

Sachtafel am Amtsgericht

Die Einweihung der Sachtafel fand am 6. November 2018 gemeinsam mit der Direktorin des Amtsgerichts, Frau Sabine Schmidt-Wilhelm, statt. Im Anschluss hielt Roland Paul, Direktor i.R. des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde und ehrenamtlicher Leiter der Arbeitsstelle „Geschichte der Juden in der Pfalz“, einen Vortrag im Gemeindesaal der Lutherkirche mit dem Thema „Die jüdische Emigration aus der Pfalz in der NS-Zeit und das Schicksal von Pirmasenser Emigranten“.

Die Zwangsausweisung polnischer Juden 1938
von Karola Streppel und Frank Eschrich

Hier im Amtsgericht Pirmasens wurden am 27.10.1938 40 Jüdinnen und Juden polnischer Herkunft und Familienangehörige inhaftiert. Erst hier erfuhren sie, dass sie am kommenden Tag nach Kaiserslautern verbracht wurden, um von dort aus mit dem Zug nach Polen abgeschoben zu werden. Ein damals 10-jähriger Junge hat für seine Familien einen Augenzeugenbericht über diese Deportation erstellt, aus denen Ausschnitte im Buch Juden in Pirmasens (S.444-445) zitiert sind:

"Auf dem Gerichtsgebäude teilte man uns mit, dass alle Verhafteten polnische Staatsangehörige seien und infolgedessen als staatenlose Ostjuden abgeschoben würden. Wir verbrachten die Nacht im Gerichtsgebäude und wurden am nächsten Morgen [...] auf Lastwagen nach Kaiserslautern ins Gefängnis gebracht. Meine Eltern und die übrigen Juden mussten hier alle Wertgegenstände, die sie bei sich trugen, abgeben. Anschließend ging es vom Gericht zum Hauptbahnhof, wo wir unter Polizeischutz in Personenwaggons verladen wurden. Pro Waggon bewachten uns zwei Polizisten bis zur polnischen Grenze. Von Kaiserslautern aus ging der Transport über Ludwigshafen, Mannheim, Berlin nach Frankfurt/Oder. Überall, wo der Transport hielt, wurden weitere Waggons mit Juden angehängt oder die Juden in die vorhandenen Waggons gepfercht. So ging es von Stadt zu Stadt. [...] [Wir erreichten] an der damaligen deutsch-polnischen Grenze Neu-Bentschin. Bei strömendem Regen und furchtbarer Kälte mussten wir die Waggons verlassen. Entlang der Gleise wurden wir über das sogenannte Niemandsland auf die polnische Seite getrieben. Doch die Polen ließen die Menschen nicht in ihr Land, so dass wir einige Tage unter freiem Himmel auf Gleisen verbringen mussten. Nach drei Tagen wurden wir von den Polen in eine nahegelegene leerstehende Mühle verfrachtet, die wir nicht verlassen durften. In dieser Mühle, die eine Ruine ohne jegliches Mobiliar war, verbrachten wir fast ein Jahr. Wir schliefen auf Stroh. Einmal täglich erhielten wir vom polnischen Roten Kreuz unsere Verpflegung.“

Durch Krieg und Holocaust ständig bedroht, musste dieser Junge mit seiner Mutter miterleben, wie sein Vater und älterer Bruder vor ihren Augen erschossen wurden. Mit Hilfe konnten sie fliehen und überleben. ...

[Textauszug. Den kompletten Text von Karola Streppel finden Sie unter dem nachstehenden Link]