Zentrale Gedenkstätte am Bahnhofsvorplatz nach dem Entwurf des Künstlers Clas Steinmann, 2014 

Buchsweilerstraße 15

Dezentrale gEDENKORTE

Buchsweilerstraße 15 (Carolinensaal):
Sachtafel zu den drei jüdischen/israelitischen Friedhöfen in Pirmasens

Sachtafel am Carolinensaal

Die Anbringung der Sachtafel fand am 20. Juni 2017 statt, unter Beteiligung der 9. Klasse der Nagelschmiedsbergschule, mit anschließender Friedhofsführung auf dem jüdischen Friedhof an der Ottostraße durch Gerhard Heil.

Die drei jüdischen/israelitischen Friedhöfe in Pirmasens
von Gerhard Heil

Pirmasens hat drei jüdische (z.T. auch als „israelitisch“ bezeichnete) Friedhöfe, die vom städtischen Garten- und Friedhofsamt verwaltet und betreut werden. Dieses Amt hat seinen Sitz am Haupteingang des Waldfriedhofs an der B10 in Richtung Landau, Tel.: 06331/551110.

Der „Jüdische Friedhof am Gefällerweg“ entstand 1813 und ist Eigentum der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz. Dort wurden in der ersten Zeit auch Verstorbene aus Nachbarorten beigesetzt. Der Eingang liegt an der Zeppelinstraße, ist verschlossen und leicht zu übersehen. Beim Garten- und Friedhofsamt kann der Schlüssel ausgeliehen werden. Die Anlage umfasst 100 aufrecht stehende Steine und Bruchstücke aus verschiedenen Stilepochen. Der Friedhof ist heute ein fast vergessener, friedlich wirkender Ort mit großer Ausstrahlung.

Der „Jüdische Friedhof an der Ottostraße“ entstand 1878 oberhalb des bereits um 1765 errichteten allgemeinen Stadtfriedhofs. Dieser zweite jüdische Friedhof wurde gebraucht, als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Bürgerschaft der aufstrebenden Schuhstadt stark vergrößerte. Zu ihr gehörten auch bis zu 800 jüdische Bürger. Seit 1933, vor allem seit der sogenannten „Kristallnacht“ 1938, kam es hier zu Grabschändungen von privater Seite. 1939 verfügte die Stadt die Aufhebung der Grabrechte ohne Rücksicht auf das „ewige“ Liegerecht. Der Friedhof wurde eingeebnet, die Grabsteine entfernt und zum Teil als Füllmaterial beim Straßenbau verwendet. Durch den Bau eines Löschteichs und eines Feuerwehrhauses wurden Gräber vernichtet. Zeugen berichteten von Leichenschändungen. Die bei der Stadtführung Verantwortlichen für diese Zerstörung wurden nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Grabschändung angeklagt, aufgrund einer Amnestie aber nicht verurteilt und freigesprochen, weil „keine höhere Strafe als 18 Monate Gefängnis zu erwarten gewesen wäre“ (Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 18.06.1948 in Rheinland-Pfalz).

Man fand nach dem Krieg in einem Lager noch 17 Steine von den früheren Gräbern und stellte sie zur Erinnerung an der Mauer auf, die den jüdischen Friedhof abgrenzt. Sie stehen heute nicht mehr über den Gräbern, zu denen sie früher einmal gehörten. – Die hebräische Bezeichnung für einen Friedhof „Beth´olam“, bedeutet „Haus der Ewigkeit“. Es trifft daher nach jüdischem Verständnis auch nicht zu, was dort auf einem Gedenkstein heute zu lesen ist: „An dieser Stelle befand sich früher der israelitische Friedhof“. Für Jeden ist die Ruhe der Toten unantastbar. Der Ort bleibt ein Friedhof, auch wenn er in der NS-Zeit verwüstet wurde.

Im südlichen Teil dieses heute „Alten Friedhofs“ sind Opfer des 1. Weltkrieges 1914 – 1918 beigesetzt. Unter den 10 Millionen Opfern dieses Krieges weltweit waren 2 Mill. Deutsche. Darunter 12.000 jüdische Deutsche. 12 davon stammten aus Pirmasens. Einer von ihnen war Paul Schohl, Sohn einer alten jüdischen Familie. Er ruht dort in seinem Soldatengrab.

Mit dem Waldfriedhof entstand 1927 auch eine jüdische (israelitische) Abteilung, die in die Gesamtanlage integriert ist. Seitdem werden jüdische Bürger dort beigesetzt. Neben größeren Grabanlagen sind für die meisten Bestatteten Grabsteine in einheitlicher Form gesetzt. Auf einigen Steinen wird an die im 1. Weltkrieg gefallenen Söhne erinnert, auf anderen an die im KZ Ermordeten. Wenige Gräber aus der Nachkriegszeit zeigen, dass in Pirmasens noch vereinzelt jüdische Bürger lebten oder andere, die sich ins Ausland retten konnten, in der früheren Heimat bestattet werden wollten. Als Erinnerung an die einmal sehr lebendige Pirmasenser Synagogengemeinde blieben nach Vertreibung und Holocaust nur noch Gräber auf den drei Friedhöfen. Sie sind ein wesentlicher Teil der Pirmasenser Stadtgeschichte.