60 Jahre Städtepartnerschaft

Wenn aus Feinden Freunde werden: 1963 unterzeichneten Charles de Gaulle und Konrad Adenauer den Élysée-Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit – ein weitreichendes Symbol nach den zwei vorangegangenen Weltkriegen, in denen sich beide Länder als erbittert kämpfende Gegner gegenübergestanden hatten. Zwei Jahre nach dem bilateralen Freundschaftsvertrag und damit vor genau 60 Jahren reichten sich wieder ein Deutscher und ein Franzose die Hände, als die Bürgermeister von Pirmasens in der Südwestpfalz und des in der französischen Region Île-de-France gelegenen Poissy ihre Städtepartnerschaft besiegelten. Auch wenn bundesweit zu diesem Zeitpunkt schon einige Jumelages bekundet waren, gehört die Pirmasenser Städtepartnerschaft mit Poissy zu den frühen dieser Art und viele sollten noch folgen. Das damals gegebene Versprechen, durch die Pflege persönlicher Verbindungen zur Sicherung einer glücklichen Zukunft in einem gemeinsamen Europa beizutragen, wird seither in vielfacher Weise und auf einer bewusst persönlichen Ebene verwirklicht. So gibt es regelmäßige Treffen von Delegationen der Stadtverwaltung, für einen lebendigen Austausch sorgen vor allem aber auch immer wieder Begegnungen von Vereinen, Schulen, Verbänden und Institutionen, Sportwettbewerbe sowie verschiedenste kulturelle Projekte wie Ausstellungen oder Konzerte.

Der erste Teil der Feierlichkeiten anlässlich des runden Geburtstags der Jumelage fand vom 14. bis 16. November 2025 in Pirmasens statt. Auf Einladung von Oberbürgermeister Markus Zwick reiste seine französische Amtskollegin Sandrine Berno Dos Santos gemeinsam mit einer Delegation in die Pfalz. Zum umfangreichen Programm gehörten unter anderem Besuche bei örtlichen Unternehmen und Institutionen sowie Treffen von Partnervereinen. Den Höhepunkt bildete eine festliche Matinee auf dem Schloßplatz, bei der die beiden Verwaltungschefs den Verbrüderungseid erneuerten. Der zweite Teil der Feierlichkeiten folgt dann im Juni 2026 in Poissy.

Zur Einstimmung auf das Jubiläumsjahr waren im Vorfeld bereits zwei Ausstellungen in Pirmasens zu sehen. Im Januar 2025 wurden zunächst Fotos der in Poissy lebenden Fotografin Mélanie Hamm aus ihrer Stadt gezeigt. Im August präsentierte das Forum ALTE POST die Wechselausstellung „Made in Pirmasens“ mit Arbeiten von Kunstschaffenden aus Pirmasens und Umgebung zum Thema „Deutsch-französische Freundschaft“. Pünktlich zum Besuch der Delegation aus Poissy ließ das Kulturzentrum vom 13. bis 19. November 2025 in „Die deutsch-französische Freundschaft – La caricade franco-allemande“ die deutsch-französischen Beziehungen seit der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags 1963 in ganz besonderen Zeichnungen von deutschen und französischen Karikaturisten Revue passieren

Die Geburt der Städtepartnerschaft
Bereits 1960 hatte Poissy Interesse an einer Partnerschaft mit einer (west-)deutschen Stadt bekundet. Jedoch dauerte es letztlich bis Dezember 1963, bis Jean Bareth, Mitbegründer des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), dem Oberbürgermeister von Poissy Léon Touhladjian die Stadt Pirmasens vorschlug, die eine vergleichbare Größe aufweist. Mit einem Schreiben vom 24. Januar bzw. 15. Februar 1964 bestätigten Touhladjian und der damalige Pirmasenser Oberbürgermeister Jakob Schunk dann ihr Interesse an einer Partnerschaft zwischen ihren beiden Städten. Die offiziellen Urkunden wurden schließlich am 25. September bzw. 9. Oktober 1965 in Poissy und Pirmasens unterzeichnet. „Zum heutigen Ehrentag gehen wir feierlich die Verpflichtung ein, beständige Bande zwischen der Stadtverwaltung unserer beiden Gemeinden aufrechtzuerhalten“, lautet ein überliefertes Zitat beider Stadtoberhäupter. Seither hat sich eine Partnerschaft entwickelt, die stets von Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung geprägt war und ist.

Musterbeispiel für „kleinen Grenzverkehr“
Allein schon durch seine geografische Lage – bis zur Landesgrenze sind es weniger als 15 Kilometer – ist Pirmasens seinen französischen Nachbarn in vielerlei Hinsicht eng verbunden. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass seit jeher viele Franzosen in der Stadt bzw. in der umgebenden Südwestpfalz leben und arbeiten. Der zweimal jährlich veranstaltete deutsch-französischen Wochenmarkt verzeichnet konstant gute Zahlen an Besuchern, die das breite Sortiment von frischen Lebensmitteln regionaler französischer Anbieter zu schätzen wissen. Seit 2015 führt der grenzüberschreitende Radweg „Rückenwind / Le vent dans le dos“ von Pirmasens nach Saint-Louis-Lès-Bitche in Lothringen: Die etwa 41 Kilometer lange Strecke mit 25 Kilometern auf deutscher und 16 Kilometern auf französischer Seite verläuft vom innerstädtischen Strecktalpark in Pirmasens durch den südlichen Teil des Pfälzer­walds und das Trualb-Tal ins Bitscher-Land. Buchstäblich grenzüberschreitend präsentiert sich auch das hochkarätig besetzte Musikfestival Euroclassic, das seit 2002 alljährlich gemeinsam von Bitche, Pirmasens, Zweibrücken, der Verbandsgemeinde Zweibrücker-Land und Blieskastel veranstaltet wird.

„Es ist mir als Bürgermeisterin von Poissy eine große Ehre, das 60-jährige Bestehen der Verbindung zwischen unseren beiden Städten zu feiern – die Städtepartnerschaft mit Pirmasens erfüllt mich mit Stolz und erfreut die Bürger von Poissy. Denn sie ist vor allem ein menschliches Abenteuer und ermöglicht Begegnungen, Austausch und Projekte, die sonst nie zustande gekommen wären. Die Jumelage ist auch ein Ort des Erfahrungsaustauschs zwischen unseren Städten, den Kulturen und Generationen. Mehr als ein Symbol ist sie eine lebendige und dauerhafte Beziehung, die sowohl von den gewählten Vertretern als auch den Menschen in unseren Städten mit Überzeugung getragen wird. Und ich bin sicher, dass diese deutsch-französische Freundschaft auch weiterhin eine treibende Kraft für Zusammenarbeit, Offenheit und Austausch sein wird, um gemeinsam eine solide und vielversprechende Zukunft aufzubauen“, so Sandrine Berno Dos Santos.

„Wir freuen uns sehr, zusammen mit unseren französischen Partnern den stolzen 60. Geburtstag der Jumelage von Pirmasens und Poissy feiern zu können. Die enge und herzliche Verbindung unserer beiden Städte ist ein ganz besonderes Beispiel für eine zunächst auf dem Papier beschlossene Völkerverständigung, aus der eine echte Freundschaft erwachsen ist zwischen zwei Nationen und zwei Städten, aber besonders zwischen den Menschen, die hier wie da leben. Es ist unser klares Ziel, die bestehenden Kontakte nicht nur fortzuführen, sondern noch stärkere Verbindungen zwischen allen Akteuren zu schaffen – ganz im Sinne einer Völkerverständigung in einem geeinten Europa, wie es sich Léon Touhladjian und Jakob Schunk schon damals bei der Unterzeichnung der Urkunde wünschten“, kommentierte Markus Zwick.