Zentrale Gedenkstätte am Bahnhofsvorplatz nach dem Entwurf des Künstlers Clas Steinmann, 2014 

Burgstraße 10

Dezentrale Gedenkorte

Burgstraße 10: Julius Lamm

Gedenktafel an der Burgstraße 10

Die Anbringung der Gedenktafel fand bei regnerischem Wetter am 4. Februar 2016 statt, unter Beteiligung der 8. Schulklasse der Realschule Kirchberg. Eine Zeitzeugin, die als Kind mit dem Ehepaar Lamm in dem Haus wohnte, sprach später über ihre Erinnerungen. Demnach wohnte die Familie im zweiten Stock des Hauses. Insbesondere war ihr in Erinnerung, dass Julius Lamm, offenbar nach der Zeit des Unterrichtsverbots für jüdische Schüler, trotzdem in den Kelleräumen der Burgstraße 10 Unterricht erteilte. Das Haus war im Besitz von Julius Lamm, wovon noch heute die Initialen am Eingang des Hauses zeugen (s. Bild Nr. 4). Julius Lamm war der letztverbliebene jüdische Volksschullehrer in Pirmasens.

Zum Schicksal von Julis Lamm
von Gerdi Fußhöller

Abb.: Julius Lamm und seine Ehefrau Friederika Lamm, Sammlung Kennkarten © StArchiv PS. Bild rechts: Julius Lamm mit seiner Schulklasse an der ehem. Jüdischen Volksschule am Nagelschmiedsberg © Leo Baeck Institute New York mit freundlicher Genehmigung

Julius Lamm wurde am 16. Juli 1886 in Unsleben (Unterfranken) geboren. Er war jüdischer Volksschullehrer in Pirmasens. Seine seminaristische und religions-wissenschaftliche Ausbildung erhielt er an der israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. 1909 wurde er in den Schuldienst berufen. Er war verheiratet mit der Pirmasenserin Friederika Lamm, geb. am 12.12.1889, mit der er drei Kinder hatte. Am 1. Mai 1930 wurde er zum Lehrer der jüdischen Volksschule von Pirmasens ernannt. Er wohnte zunächst in der Luisenstraße 45, zuletzt in der Burgstraße 10.

Infolge der Reichspogromnacht im November 1938 wurde Julius Lamm aufgegriffen und sollte zusammen mit 54 anderen jüdischen Mitbürgern nach Frankreich abgeschoben werden (s.a. Sachtafel Volksgartenstraße 12). Da die Abschiebung misslang, wurde er am 12.11.1938 zur sogenannten "Schutzhaft" in das Konzentrationslager Dachau verbracht. Darstellungen sowohl der Abschiebung nach Frankreich als auch der Deportation in das KZ Dachau finden sich im Bericht von Karl (Charles) Wolff "Von Pirmasens über Frankreich nach Dachau" (in "Juden in Pirmasens", Otmar Weber, Seite 450 ff. u. Roland Paul: Erinnerungen der Brüder Charles und John Wolff, S. 472 ff.) und im Buch "Von Dachau bis Basel" von Alfred Schwerin.

Julius Lamm wurde drei Wochen im Konzentrationslager Dachau festgehalten. Nach seiner Rückkehr hatte er sich bei der Polizeistelle in Pirmasens zu melden und einen Antrag auf eine Kennkarte zu stellen. Nach der Evakuierung der Pirmasenser Bevölkerung aus der „Roten Zone“ Anfang September 1939 wurde Julius Lamm am 22.03.1942 von Koblenz aus in das polnische Transitghetto Izbica im Norden Polens deportiert. Er gilt als verschollen. Einen Hinweis über seine weitere Deportation gibt ein Dokument auf der Webseite von YAD VASHEM. Nach Darstellung seiner Enkelin wurde Julius Lamm im Vernichtungslager Treblinka (Polen) ermordet.